SchreibmotorikMONITORING – 1. Schrift entwickeln ALT
Schrift entwickeln - das SchreibenLernen befördern
Kursiv geschriebene Druckbuchstaben erhöhen das Schreibtempo
Die ersten Schreibversuche von Kindern mit großen Druckbuchstaben finden lange vor Schulbeginn statt. Wie die einzelnen Buchstaben aussehen und geschrieben werden, richtet sich nach dem Erfahrungsrepertoire der Erwachsenen – in der Regel ohne didaktische Kenntnisse oder gar einen Blick in die Vorlagen der offiziellen Lehrpläne in Deutschland. So schreibt „Karen“ das „A“ oder das „R“ in Form und Bewegungsablauf anders, als es die Richtformen für die Druckschrift vorgeben.


Auszug Lehrplan Plus Bayern
Die Form dominiert und so gibt es eine Druckschrift „Nord“ für Hamburg, eine Variante „Süd“ und eine Druckschrift „Bayern“ mit kleineren Abweichungen, bei den Großbuchstaben „G-I-J-K“ bzw. „k-t-u-ß“. Im LehrplanPlus Bayern wird immerhin darauf hingewiesen, dass einzelne Buchstaben aus Gründen der Bewegungsökonomie von der Vorlage abweichen können und die Formtreue nicht unbedingt eingehalten werden muss.
Die Druckbuchstaben der Grundschrift sind in der Form etwas schlanker, die Kleinbuchstaben „a-d-h-i-m-n-u“ erhalten einen Bogen und werden bewusst von Hand geschrieben. Ein Hinweis darauf, dass es beim wiederholten Schreiben desselben Buchstabens immer kleine Abweichungen gibt, anders als beim Tippen auf einer Tastatur. Auch diese Buchstaben – wie die Buchstaben der Basisschrift in der Deutschschweiz – stehen senkrecht und werden in einer steilen Schreiblage geschrieben.

Grundschrift handgeschrieben

Grundschrift handgeschrieben

Eintrag in einem Gästebuch
Aus schreibmotorisch-kinematischer Sicht sind nach rechts geneigte Striche bewegungsökonomisch, ermöglichen schnelle Striche und erleichtern automatisierte Schreibbewegungen. Dagegen ist das Schreiben von vertikalen Druckschriftbuchstaben mit waagerechten, rechtwinkligen Strichen weniger schnell und belastet die ohnehin angespannte Handmuskulatur der Kinder zusätzlich.
Deshalb sind verbundene Schriften leicht geneigt – die Vereinfachte Ausgangsschrift etwas weniger – und Erwachsene, die schnell oder teilweise verbunden in Druckschrift schreiben, tun dies mit geneigten Kursivbuchstaben.

KursivDruckschrift, Marquardt,Söhl 2020
Wenn man alle kursiven Kleinbuchstaben, die mit einem geraden Strich enden, von Anfang an mit einem kleinen Bogen schreibt, werden b und d beim Lesen weniger leicht verwechselt. Der angedeutete Bogen ist sowohl beim schnellen unverbundenen als auch beim teilverbundenen Schreiben hilfreich, da er die Luftbewegung zum nächsten Buchstaben einleitet.
Ausgehend von einer modifizierten KursivDruckschrift kann mit Hilfe des Lehrers ohne den Umweg über eine verbundene Ausgangsschrift eine geläufige individuelle Handschrift erworben werden.

KursivDruckschrift, Marquardt,Söhl 2020

Ein Gefühl für kursive Bewegungsspuren entsteht, wenn man mit dem Handgelenk der Schreibhand auf der Stelle spurt und dann mit der linken Hand das Blatt langsam/schnell nach links (bei Rechtshändern) unter dem bewegten Stift wegzieht (vgl. 1. / 2. mit und ohne Linie, 3. mit Drehung des Blattes nach links).
Das Bild der nach rechts geneigten Bewegungsspuren ist das gleiche, wenn das spurführende Handgelenk nach rechts bewegt wird und die andere Hand das Blatt festhält. Wird das Blatt bei Rechtshändern schräg nach links und bei Linkshändern schräg nach rechts gekippt, wird die Neigung der Bewegungsspuren verstärkt.
Beim abwechselnden Schreiben von Kursiv- und Senkrechtstrichen spürt man die unterschiedliche Muskelspannung in den Gelenken und den höheren Schreibdruck bei den Senkrechtstrichen. Häufig sind auch die unterschiedlichen Druckstärken beim Spuren mit Wachsmalstiften zu erkennen.



Auf ein Blatt wird nun ein zweites Blatt gelegt, und die kursiven Linien werden so schnell wie möglich über den Blattrand gespurt. Alle Striche stehen perfekt wie auf einer unsichtbaren Linie.
Dann werden die Striche wieder senkrecht und so schnell wie möglich über eine andere Blattkante gespurt (2). In der Vergrößerung sieht man deutlich, wie sich der Stift beim Spuren durch den erhöhten Schreibdruck verkantet.


In der Schreiblernphase sollten die Buchstaben möglichst mit der Hand geschrieben werden. Kein Buchstabe sieht beim wiederholten Schreiben genau gleich aus. Das können nur Computerschriften. Kinder orientieren sich aber an perfekten Vorbildern und wollen diese kopieren. Das gelingt aber auch nicht durch kontrolliertes langsames Schreiben. Wir schreiben immer nur in Annäherung an die erlernte Ausgangsform.

Die Buchstaben sollten leicht geneigt (kursiv) sein, sie sind erfahrungsgemäß motorisch-kinematisch schneller zu schreiben als exakt ausgerichtete, senkrechte Buchstaben. Ein kleiner auslaufender Bogen erleichtert die schnelle Spurbewegung und fördert das teilverbundene Schreiben und den Weg zu einer persönlichen Handschrift. Außerdem ist der kleine Bogen ein nützliches visuelles Merkmal, um Kleinbuchstaben wie b-d-p-q nicht zu verwechseln.
Groß- und Kleinbuchstaben bewegungsökonomisch schreiben
Toleranzbereiche fördern die Schreibmotorik
Aus schreibmotorisch-kinematischer Sicht behindern einerseits die senkrechten Druckbuchstaben und andererseits die grün markierten Kontaktpunkte das schnelle Schreiben und die Automatisierung der Schreibbewegungen. Sie müssen beim Schreiben genau getroffen werden. „Die Formtreue muss nicht absolut eingehalten werden. Die Buchstabenformen gelten als Richtformen“, heißt es im Kommentar zum LP Plus Bayern. Bei Schreibschriften werden solche Kontaktstellen bei vielen Buchstaben vermieden, indem die Ansatzlinien überdeckt und Lücken zwischen senkrechten und waagerechten Linien gelassen werden.
Am Beispiel des Buchstaben B ist zu sehen, dass die verschiedenen verbundenen Schriften das Problem der Kontaktstellen recht unterschiedlich und nicht konsequent lösen, am wenigsten die Basischrift.




1. Das SchreibLernKonzept verdichtet die Erkenntnisse aus der Bewegungswissenschaft, der schreibmotorischen Forschung, der erfolgreichen Umsetzung an außerschulischen Lernorten in Praxis und Therapie (LRS-Landshut), sowie der erprobten motorisch-kinematischen Schreibansätze in Unterrichts- und Fördereinheiten in der Lehrerbildung.
2. Das SchreibLernKonzept geht vom Können der Schüler aus, nimmt die unterschiedlichen motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten von Beginn an auf und begreift diese als LernChance in einem differenziellen Lernansatz. Selbstständiges und individuelles Lernen sind Markenzeichen für dieses Trainingskonzept. Es gilt, die entwicklungsbedingten Voraussetzungen zum Schreibenlernen frühzeitig zu erfassen und begleitend zu fördern.


3. Von Beginn an werden kinematische- und schreibmotorische Prozesse in variativen Trainingsformaten angeregt. Alle Spur- und Schreibbewegungen erfolgen ausgerichtet auf automatisierte Bewegungsabläufe. Die Buchstaben werden bewegungseffizient entwickelt und ebenso mit bewegungsgünstigen Teilverbindungen im Wort geschrieben. Verbundene Ausgangsschriften sind mit zunehmender Schreibgeschwindigkeit störanfällig und wenig leserlich. Für Kinder mit schreibmotorischen Problemen sind sie ein Irrweg.
4. Evidenzbasierte und förderdiagnosische Daten aus therapeutischen und außerschulischen Einrichtungen zeigen, dass sich mit einem individuell-begleiteten, motorisch ausgerichteten SchreibLernKonzept Kinder wieder für das Schreiben gewinnen und und auch begeistern lassen. Die SchreibLernwege öffnen sich und bleiben keine Sackgassen. Häufig zeigen sich auch andere Symptomatiken, wie erhöhte Unkonzentriertheit, hyperaktives Verhalten oder Lese- und Rechtschreibschwächen.


5. Schreiben mit der Hand fördert nachweislich die kognitive und motorische Entwicklung, so die internationalen Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften. Traditionelle Schreiblernmethoden führen vor allem durch häufige Wiederholungen zu weit weniger Aktivierung des Gehirns und des Lernzentrums.