SM-Handschreiben
Handschreiben
Schreibenlernen ist Schreibmotoriklernen!
Bei routinierten Schreibern läuft der Schreibvorgang automatisch ab, sie schreiben immer schnell, flüssig und scheinbar mühelos. Wegen der hohen Bewegungsgeschwindigkeit können automatisierte Bewegungen auch nicht mehr bewusst gesteuert werden (vgl. Marquardt/Gentz/Mai, 1999). Beim Trinken, Auto fahren oder anderen automatisierten Abläufen ist das ganz ähnlich. Sind diese noch nicht automatisiert, werden sehr viele Aufmerksamkeitsressourcen zur Ausführung der Bewegung beansprucht. Routiniertes Schreiben zeichnet sich vor allem durch die automatisierte schnelle bzw. flüssige Bewegungsausführung und durch einen gleichmäßigen Schreibrhythmus aus. Eine schnelle bzw. flüssige Bewegungsausführung kann vereinfacht charakterisiert werden als rasche Abfolge von Auf- und Abstrichen (mit dem Handgelenk) bei gleichzeitigem Vor- und Zurückbewegen des Stifts (mit den Fingern). Um das Scheiben mit einem gleichmäßigen Rhythmus zu ermöglichen, passen geübte Schreiber ihre Schrift bewegungsgünstig an: So werden zum Beispiel Buchstabenformen vereinfacht (z.B. Großbuchstaben wie Druckbuchstaben geschrieben) und die Anzahl der Drehrichtungswechsel wird minimiert (z.B. wird das „n“ wie ein „u“ geschrieben).
Kinder, deren Schreibbewegungen noch nicht automatisiert sind und die daher auch nicht über einen gleichmäßigen Schreibrhythmus verfügen, können Schrift malen, aber sie können noch nicht schreiben. Dieses Malen von Schrift beansprucht so viel Aufmerksamkeit, dass die Kinder weder auf die inhaltliche noch auf die sprachliche Gestaltung des Textes achten können. Schreiben und damit auch die Textqualität hängen demzufolge vorrangig von der Qualität automatisierter Schreibbewegungen bzw. von der schreibmotorischen Kompetenz ab (vgl. Mai/Marquardt 1995). Wird diese nicht hinreichend gefördert, bekommen Lernende spätestens dann große Probleme, wenn sie schneller schreiben müssen. Beim motorischen Lernen und damit dem Aufbau einer Bewegungskompetenz spielen sowohl Erfolge als auch „Fehler“ in der Bewegungsausführung eine wichtige Rolle (vgl. Schöllhorn, 1999), denn: Motorisches Lernen ist die „wiederholte Suche nach einer geeigneten Lösung und nicht […] Wiederholung der Lösung“ (Schmidt, 1975).